Karaweik

Myanmar ist - immer noch - ein faszinierendes Land. Es besticht durch den Charme seiner Menschen, seine Kulturdenkmäler und Landschaften, die sich im Auge und den Fotografien des Besuchers einnisten. Die Faszination bleibt, auch wenn sich die konkrerten Bilder ändern. In Myanmar scheint Nostalgie für den Besucher immer noch ein Bestandteil der Gegenwart zu sein.

Die hier vorgestellten Bilder sind in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden. Sie sind zum Teil historisch und halten etwas fest, das es heute nicht mehr zu sehen gibt, aber das immer noch gegenwärtig ist.

Ich beginne mit neun Ansichten der Karaweik Hall auf dem Kandawgyi, dem Königs-See. Sie wurde in den 70er Jahren gebaut und prägte mein Bild von Birma nachhaltig. Das Restaurant ist im Stil einer Königsbarke gebaut und war der Blickfang von der Terrasse des Kandawgyi Hotels aus, in dem ich bei meinen ersten Besuchen im Land einquartiert war. Gegenwärtig wird der Altbau neben dem neuen Kandawgyi Palace Hotel mal wieder umgebaut - und die ersten hier wiedergegebenen Aussichten gibt es nicht mehr.

Die Karaweik-Hall war ursprünglich weiß, wurde später gelb gestrichen und mit Lichtern versehen Heute wird sie wie die Schwedagon Pagode nachts angestrahlt und ist, wie das letzte Bild zeigt, ein Objekt für Maler. Vom Restaurant aus hat man schöne Blicke auf den See und die Schwedagon Pagode. Ein Besuch in dem Park, der den Kandawgyi-See umgibt, ist tagsüber wie abends lohnend. Man muss allerdings dafür Eintritt zahlen.

 

Die nächsten Bilder sid in anderer Hinsicht nostalgisch. Sie zeigen einige der Plakate, mit der frühere Regierungen für die Bewahrung der Einheit des Landes unter Führung der Tatmadaw, der birmanischen Streitkräfte, warben.

Propaganda

Die Plakate illustrieren den Traum des birmanischen Militärs, dass Myanmar ein friedliches Land voller zufriedener Menschen aus allen ethnischen Gruppen sein wird. Symbol dafür ist seit einigen Jahren das auf einigen Postern zu sehende "grüne Buch", die Verfassung von 2008, auf deren Grundlage seit 2011 ein heftiger Wind des Wandels herrscht. Seitdem gibt es kaum noch Propaganda - das letzte Bild am Königspalast von Mandalay ist eins der wenigen, die noch an die alte Zeit erinnern. Dafür hat die kommerzielle Werbung wie im Rest der Welt zugenommen.

Irrawaddy

Die "Straße nach Mandalay" wie Rudyard Kipling den Irrawaddy (birmanisch: Ayeyawady) unter Bezug auf die englischen Kriegsschiffe nannte, die 1885 auf dem Fluss nach Norden fuhren, um dem birmanischen Königreich den Rest zu geben, ist über Jahrhunderte hinweg eine Lebensader des Landes und eines der Haupttransportwege gewesen. Die 1865 von schottichen Kaufleuten gegründete Irrawaddy Flotilla Company war in ihrer Hochzeit im Jahr 1920 mit 600 Schiffen die größte Flotte von Flussschiffen auf der Welt. Von dieser großen Vergangenheit ist heute nicht mehr viel zu spüren. Neuerdings kreuzen einige Luxusdampfer für Passagiere auf dem Fluss. Ich hatte in den 90er Jahren das Glück, auf dem Oberdeck eines Frachtschiffes von Mandalay nach Bagan zu schippern. Es war fantastisch.

Die Bilderreise beginnt in Mandalay. Hier ist wieder eine Königsbarke zu sehen, die im Wassergraben steht, der den letzten Palast eines birmanischen Königs umgibt. Im Hintergrund sieht man den Mandalay Hill - Näheres zu diesem Pagoden Hügel unten. Sie führt dann in der Morgendämmerung zur Sagaing Brücke, dann über den Tag über verschiedene Anlegestellen hin zu einem hinreißenden Sonnenuntergang. Am nächsten Abend gibt es dann noch einen Blick auf den Fluss von einer der Pagoden in Bagan aus. - Die Pagoden darf man heute nicht mehr besteigen, das königliche Schiff im Graben um den Königspalast ist ebenfalls nicht mehr da und ob es das Schiff noch gibt, mit dem ich damals gefahren bin, weiß ich nicht.

Übermalte Bilder in einer Pagode

Von Bagan geht es jetzt nach Yangon zu einer im Jahr 2002 fertig gestellten Pagode. Sie beherbergt den größten Marmorbuddha der Welt, der über den Irrawaddy aus Oberbirma herangeschafft worden war. Das Ganze geschah im Auftrag der regierenden Militär unter Federführung des Ersten Sekretärs der Junta, Khin Nyunt.

Ich habe mir die Pagode zum ersten Mal im Jahr 2003 angesehen, weil ich an den Zusammenhängen zwischen Buddhismus und Herrschaft interessiert war und daher eine Tour zu verschiedenen "politischen Pagoden" der Stadt machte. Dabei stellte ich fest, dass am Fuße der Kyauk-taw-gyi Pagode auf dem Mindhamma (königlicher dhmma) Hügel auch noch drei weiße Elefanten gehalten wurden, Die Elefanten durften damals nicht fotografiert werden - nur Fotos von ihnen -, der Buddha schon. Mich interessierten vor allem die vier Deckengemälde, die den Transport des Buddha ebenso zeigten wie diejenigen, die an dem Unternehmen beteiligt waren. Hier sind einige der Fotos, die Anfang 2003 aufgenommen wurden:

Auf zwei der Bilder ist General Khin Nyunt zu sehen. Auf dem linken unteren Bild steht er links zusammen mit einer Gruppe von Mönchen. Der kahlköpfige Soldat rechts ist Thein Sein, der damaligen Sekretär Nr. 2 der Miliärjunta und jetzigee Präsident Myanmars, Auf dem rechten obereb Bild steht er mit anderen am Bau Beteiligten zwischen dem Chef der Militärjunta Than Shwe (rechts) und dessen Stellvertreter Maung Aye (links).

Im Oktober 2004 wurde Khin Nyunt, inzwischen Ministerpräsident geworden, gestürzt. Er und seine Getreuen im Geheimdienst des Landes waren Than Shwe offenbar zu mächtig geworden. Außerdem hatte Khin Nyunts Versuch, mit Aung San Suu Kyi eine Vereinbarung zu treffen, nicht gefruchtet.

Eine Folge dieses Sturzes war, dass Khin Nyunts Bild von den Deckengemälden entfernt wurde wie ein erneuter Besuch auf der Pagode im Jahr 2013 zeigte.

Die Vergrößerungen der beiden Bilder zeigen, dass im linken Bild ein Mönch den Platz Khin Nyunts eingenommen hat. Interessanterweise ist hier aber auch Thein Sein, der jetzige Präsident, nicht mehr zu sehen. Sein Bild wurde durch das eines anderen Militär ersetzt, nach meinen ersten Informationen durch den damaligen Militärkommandanten Yangons.

Auf dem rechten Bild sind die mittlerweile in den Ruhestand getretenen früheren Spitzenmilitärs Than Shwe und Maung Aye noch im Bild. Khin Nyunts Bild ist durch das eines Zivilisten ersetzt worden.

Diese Veränderungen sind eine Illustration des alten Satzes, dass die Sieger die Geschichte schreiben. Dass eine solche "Umschreibung" auch auf den Gemälden in einer Pagode geschah, verdeutlicht die legitimierende Funktion des Buddhismus auch im modernen Myanmar.

Nachspiel

Khin Nyunt wurde 2005 zu einer langjährigenftstrafe verurteilt. Ihm wurde aber erlaubt, sie im Hausarrest zu verbüßen. Er war also einer von vielen politischen Gefangenen und wurde wie sie nach einer großen Amnestie im Januar 2012 entlassen. Seitdem hat er sein Grundstück für die Öffentlichkeit geöffnet und dort eine Gemäldegalerie namens Nawaday, einen Coffeeshop und mehrere Souvernirläden eingerichtet. Außerdem kann man die Orchideen bewundern, die seine Frau dort in den letzten Jahren gezüchtet hat. In der Galerie werden jede Woche Bilder eines oder mehrerer Künstler ausgestellt. Hier einige fotos von zwei Besuchen im Jahr 2013. Der Maler der im Juli ausgestellten Bilder war ein Traditionalist, spezialist auf Helden - wie etwas Aung San - und klassische Frauenbildnisse. Die im November ausgestallten Maler waren etwas moderner. In anderen Galerien sieht man auch abstrakte Kunst.

Ich habe mich auf dem Grundstück des ehemaligen Chefpolitikers des birmanischen Militärs umgesehen und versucht ihn auch zu treffen. Seine Person interessiert mich aus mehreren Gründen. Als politischer General ist interessant, weil er in seiner Zeit als Erster Sekretär der Junta ein Workaholic war, der versuchte, sein Land nach vorne zu bringen. Zudem ist er typisch für die sich verändernden Wahrnehmungen westlicher Beobachter. Nach 88 wurde er "Prinz der Finsternis" tiuliert, weil er als Gefolgsmann Ne Wins angesehen und verdächtigt wurde, in dessen Ausftrag den Aufstand von 1988 mit schmutzigen Methoden niedergeschlagen zu haben. Später wurde er im Gegensatz zu dem "Hardliner" Than Shwe als Reformer angesehen. Dazu kam, dass ich ihm schon zweimal die Hand geschüttelt hatte. Das erste Mal vor langer Zeit bei der Eröffnung einer Konferenz, die von ihm in einer seiner vielen Eigenschaften als Vorsitzender des Erziehnungskomitees eröffnet wurde. Dann traf ich ihn Ende 2002 aus Anlass der Feiern zur 75jährigen Gründung des Nagani Buchclubs im Nationaltheater Yangons. Bei dieser Gelegenheit hate ich ihm ein Exemplar meines Buches "The Beast and the Beaty" überreicht, in dem er eine prominente Rolle spielt.

Die folgende Bildergalerie gibt einen Einblick in die Galerie, den Garten und zwei Ausstellungen, die zeigen, dass bei Khin Nyunt überwiegend traditionelle Malerei ausgestellt wird.

Der in er zweiten Reihe zu sehende Künstler war auf Darstellungen von Frauen in klassischen Posen und auf Heldenportraits zu Pferde spezialisiert. In der Mitte der zweitletzten Reihe ist der große General Maha Bandoola zu sehen, der im ersten anglo-birmanischen Krieg getötet wurde. Unten links ist ein Bildnis Aung Sans, des Nationalhelden.

Ich hatte für meinen Besuch in der Nawaday Gallerie die Vorher-Nacher-Fotos von der Pagode des großen Marmorbuddha mitgebracht. Bei einem ersten Besuch hörten wir, dass der Hausherr beim Meditieren sei. Wir trafen aber seine Frau, die die Bilder dankend entgegennahm und meinte, es sei doch schmeichelhaft, dass ihr Mann auf einem der Bilder durch einen Mönch ersetzt worden sei. Wir kamen am selben Tag am Abend noch mal wieder und trafen das Ehepaar dann in ihrem Gartren. Der Ex-General bedankte sich und wir machten ein wenig small talk. Fragen nach seiner Rolle in der Vegangenheit wollte er aber nicht beantworten.

Bei einem weiteren Besuch sahen wir ihn dann in einem der Pavillons im Gespräch mit einem Journalisten und einer Dolmetscherin.

Khin Nyunt konzentriert sich - wie viele ältere Birmanen und eines seiner Vorbilder, Ne Win - darauf, sich auf sein nächstes Leben im Kreislauf der Wiedergeburten vorzubereiten. Dazu gehörte schon der Bau der Pagode, dazu dient das regelmäßige Meditieren und die Aktivitäten auf seinem Grundstück.

Mandalay Hill

Am Ende dieser kleinen Nostalgie-Tour folgen noch einige Bilder aus der letzten Hauptstadt des königlichen Birma, aus Mandalay. Die Stadt wurde nach dem im Jahr 1852 verlorenen zweiten anglo-birmanischen Krieg von dem danach auf den Thron gehobenen König Mindon gebaut. Zentrum der Stadt war der Königspalast, der gigantische Ausmaße hatte und hat, die stark von kosmologischen Elementen bestimmt sind:

Er ist über vier Quatratkilometer groß und von vier Mauern von jeweils 666 Fuß Länge umgeben.  In den Mauern standen alle 555 Fuß Festungen mit goldenen Spitzen. Es gab 12 Tore, von dem jedes ein Sternzeichen repräsentierte. Der den Palast umgebende Graben war 210 Fuß breit und 15 Fuß tief. Der Thronsaal in der Mitte des Palates stellte ein Abbild des Universums dar, denn der König verstand sich als buddhistischer Weltherrscher.

An der nordöstlichen Ecke des Palastes schließt sich ein 240 m hoher Hügel an, den man über gut 1700 Treppenstufen besteigen aber auch bis kurz vor der Spitze mit einem Fahrzeugt erreichen kann. Mittlerweile gibt es für diese Pilgerstätte auch eine Rolltreppe und einen Fahrstuhl. Auf dem Weg zur obersten Pagode des Hügels ist die bunte Vielfalt des buddhistisch-birmanischen Lebens zu erleben, in dem sich Frömmigkeit mit Weltlichkeit mischt. Es folgenden einige Bilder von meinem ersten Besuch auf dem Hügel Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts.